Maske auf, Maske ab

Schulen im Corona-Stress

09.09.2020 - von Gudrun Heyder

Maske abnehmen im Klassenraum oder auch nicht, Maske aufsetzen im Treppenhaus und auf dem Schulhof, beim Pausenbrotverzehr 1,5 Meter Abstand halten, Gruppenarbeit nur mit denen, die sowieso neben einem sitzen, einen Tag zuhause bleiben bei beginnendem Schnupfen … es ist ein ziemlicher Eiertanz - oder eher Maskentanz -, den die Schulen derzeit zu absolvieren haben. Wie kompliziert es ist, zeigen auch die Vorschriften zu Corona-Verdachtsfällen (siehe Infokasten unten). 

Die Schulen in NRW sind nach den Sommerferien in einen „angepassten Regelbetrieb“ zurückgekehrt. Dieser sieht für alle Schüler:innen Präsenzunterricht vor, im Einzelfall „Unterricht auf Distanz“. In Unterrichtsräumen müssen alle Klassen, Kurse und Lerngruppen eine feste Sitzordnung einhalten, diese ist zu dokumentieren. Essen und Trinken am Sitzplatz ist in den Pausen erlaubt; wird andernorts gespeist, gilt ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Lehr- und Betreuungskräfte sowie sonstiges Personal müssen keine Masken tragen, wenn sie den Mindestabstand zu den anderen Personen im Raum einhalten. Das dürfte schwierig sein, oder es gibt wie früher nur Frontalunterricht. 

Fülle kleinteiliger Regelungen ist schwer umzusetzen

Fülle kleinteiliger Regelungen ist schwer umzusetzen

Eine Fülle von kleinteiligen Regelungen sollen die Ansteckungen mit dem Corona-Virus bestmöglich vermeiden, sind aber in einem quirligen Alltag mit Hunderten von Heranwachsenden schwer umzusetzen. Schulleiter Thorsten Korthaus bleibt trotzdem recht gelassen. Es läuft an seinem Gymnasium in den ersten vier Wochen seit den Sommerferien, und „hakt nur hier und da“, beobachtet der Oberstudiendirektor. Insgesamt kämen Schüler:innen und Kollegium gut mit der herausfordernden Pandemie-Situation klar. 

„Stringentere Vorgaben“ seien allerdings wünschenswert, merkt der Leiter des Rüttenscheider Maria Wächtler-Gymnasiums (MWG) an. Denn erst hieß es „Maske auf für alle überall“ auf dem Schulgelände und im Gebäude. An weiterführenden und berufsbildenden Schulen wurde vom Land eine Maskenpflicht im Unterricht angeordnet. Sehr suboptimal bei der Hitze in den ersten Tagen nach den Ferien. Korthaus und sein Kollegium erlaubten den Schüler:innen, öfter mal auf dem Schulhof Sauerstoff zu tanken und gaben großzügig hitzefrei. 

Info

Maria-Wächtler-Gymnasium
Rosastraße 75
45130 Essen

Tel. 0201 860695 30 
kontakt@mwg-essen.de 

Kehrtwende der NRW-Regierung: Maske ab am Sitzplatz

Dann folgte die Kehrtwende ab dem 1. September, die NRW-Regierung sprach sinngemäß: „Wenn ihr alle auf Euren Stühlen hocken bleibt, könnt ihr die Masken wieder abnehmen. Aber nur dann!“ Seitdem ist der Mund-Nasen-Schutz nur noch im Schulgebäude und auf dem Schulhof vorgeschrieben.

Im Sinne der Kinder und Jugendlichen ist „oben ohne“ in der Klasse eine gute Idee, denn sich hinter der Maske mit eingeschränkter Atmung einen Schultag lang zu konzentrieren, das ist anstrengend, bestätigt Thorsten Korthaus. Aber wie viele andere Schulgemeinschaften in Essen entschieden auch die Lehrkräfte des MWG gemeinsam mit der Schulpflegschaft und Schüler:innenvertretung, das Maskentragen im Unterricht zu empfehlen. „Wir möchten unsere Mitmenschen, die ein erhöhtes Risiko tragen, schützen“, erklärt der Schulleiter. „Einige Eltern sehen das nicht ein, aber wir haben keine Totalverweigerer“, zeigt sich Korthaus beruhigt. Eine Empfehlung sei jedoch kein Zwang. Also darf jedes Kind beziehungsweise seine Erziehungsberechtigten selbst entscheiden: Maske ja oder nein.  

Halbwegs normaler Unterricht und keine Corona-Fälle

Halbwegs normaler Unterricht und keine Corona-Fälle

Weit mehr als die Hälfte der Mädchen und Jungen folge der Empfehlung freiwillig, so Korthaus, „das ist von Klasse zu Klasse unterschiedlich“. Übrigens würden die Jüngeren mehr Verständnis zeigen als die Älteren in der Oberstufe. Da aber ein Teil der Schüler:innen den Mund-Nasen-Schutz auf ihren Sitzplätzen ablegt, müssen die Lehrkräfte sie oft ermahnen. Denn die Jungs und Mädels wollen in den Pausen rauslaufen, mit den anderen quatschen, sich Sachen auf dem Smartphone zeigen. Nachvollziehbarerweise vergessen sie oftmals, vorher vorschriftsmäßig ihre untere Gesichtshälfte zu verhüllen. 

Thorsten Korthaus ist froh, dass trotz der Pandemie und der damit einhergehenden Vorschriftenfülle ein halbwegs normaler Präsenzunterricht ablaufen kann. „Den haben sich auch alle gewünscht. Die Schülerinnen und Schüler haben sich gefreut, dass nach den Sommerferien endlich wieder Schule war.“ Und er ist erleichtert, dass lediglich kurz nach den Ferien wenige Kinder in Quarantäne bleiben mussten, es aber bisher keine Covid 19-Krankheitsfälle am MWG gab. Glück gehabt: An mehreren Schulen in Essen sind derzeit Schüler:innen an Corona erkrankt. Die Stadt hat sofort Quarantäne-Maßnahmen angeordnet. Lehrkräfte seien aber nicht betroffen. 

Corona als Katalysator für digitalen Unterricht

Corona als Katalysator für digitalen Unterricht

Manche Regelungen, die das Ministerium im Verlauf der Pandemie vorgab, seien im echten Schulleben nicht durchführbar, kritisiert Korthaus: „Wie soll versetzter Unterrichtsbeginn funktionieren? Wenn ein Lehrer eine Einzel- oder Doppelstunde gibt, unterrichtet er danach eine andere Klasse, und die hat dann anderen Zeiten?“ Auch jetzt müssen Kollegium und Kinder noch mit vielen Einschränkungen klarkommen. Denn alle müssen an ihren Plätzen bleiben und Abstande einhalten, sobald sie ihre Maske ablegen. Ein Beispiel: „Gruppenarbeit machen nur die, die ohnehin in der Nähe sitzen.“ Korthaus lobt seine „kids“: „Sie verhalten sich ziemlich diszipliniert.“     

Gegen digitalen Unterricht, die Alternative zum normalen Schulbetrieb, hat der Schulleiter gar nichts. Das MWG sei da ohnehin recht weit vorne. „Corona hat als Katalysator gewirkt. Wir haben eine Woche vor dem ‚Lockdown‘ alle Schülerinnen und Schüler in die Schulcloud gebracht. Das hakte nur am Anfang ein bisschen.“ Alle Jungen und Mädchen verfügen über die Möglichkeit, von zuhause aus am Onlineunterricht teilzunehmen. Die Jugendlichen in der Oberstufe bringen nun öfter ihre Ipads mit und notieren Unterrichtsinhalte gleich dort. Eine Arbeitsgemeinschaft zum Thema digitaler Unterricht hat „rasant Fahrt aufgenommen“. Aber der persönliche Kontakt ist eben nicht zu ersetzen. Alles in allem befindet sich die gesamte Schulgemeinschaft inmitten eines großen Experiments: „Wir beobachten das Infektionsgeschehen und probieren aus, was möglich ist und was nicht“, so der Schulleiter pragmatisch. 

Corona: Was können Eltern tun, damit es an der Schule ihres Kindes optimal läuft?

  • Schulleiter Thorsten Korthaus verweist auf das gemeinsame Leitbild der Maria-Wächtler-Schule. Wenn alle Beteiligten vom Fünftklässler über die Eltern bis zur Kollegin kurz vor dem Ruhestand dies beherzigen würden, sei auch die Ausnahmesitiuation der Pandemie gut zu bewäligen.

  • Wir achten einander und respektieren unterschiedliche Haltungen. Wir gehen höflich miteinander um und pflegen eine offene und faire Gesprächskultur. Wir tragen Streit mit Worten aus. Wir bringen den Mut auf, nach Lösungen zu suchen, die wir gemeinsam tragen können. So lernen wir, Verantwortung für unsere Mitmenschen zu übernehmen.

  • Am MWG gestalten wir unser Schulleben im gegenseitigen Vertrauen. Wir freuen uns über persönliches Engagement und konstruktive Beteiligung. Wir wertschätzen die Erfolge jedes und jeder Einzelnen im Alltag und in der Schulöffentlichkeit. Dafür schaffen wir Kommunikationswege, die unterrichtliche und organisatorische Angelegenheiten transparent werden lassen. So lerne ich, Verantwortung für unser gemeinsames Miteinander zu übernehmen.

Corona: Vorgaben des Landes für Schulen und Kitas

Vorgehen in Schulen bei auftretenden Corona-Fällen bzw. Verdachtsfällen

  • Schüler*innen, die im Schulalltag Coronavirus-Symptome, wie Fieber, trockener Husten oder Verlust des Geschmacks-/Geruchssinns aufweisen, sind ansteckungsverdächtig. Die Schulleitung muss sie daher zum Schutz der Anwesenden – bei Minderjährigen nach Rücksprache mit den Eltern – unmittelbar und unverzüglich nach Hause schicken oder von den Eltern abholen lassen. Bis zum Verlassen der Schule müssen sie getrennt untergebracht und angemessen beaufsichtigt werden. Die Schulleitung nimmt mit dem Gesundheitsamt Kontakt auf, das über das weitere Vorgehen entscheidet.

    Da auch Schnupfen zu den Symptomen einer Coronavirus-Infektion gehören kann, sollten Eltern angesichts der Häufigkeit eines einfachen Schnupfens ein Kind mit dieser Symptomatik ohne weitere Krankheitsanzeichen oder Beeinträchtigung des Wohlbefindens zunächst 24 Stunden zu Hause beobachten. Treten keine weiteren Symptome auf, nimmt das Schulkind wieder am Unterricht teil. Kommen jedoch weitere Symptome wie Husten, Fieber etc. hinzu, ist eine diagnostische Abklärung nötig. 

    Sollten bei Testungen oder auf anderem Wege Infektionsfälle mit dem Coronavirus festgestellt werden, informiert die Schulleitung das Gesundheitsamt, das über weitere Maßnahmen entscheidet: Beispielsweise kommt eine Testung von Kontaktpersonen in Betracht, um lokale Cluster und Infektionsketten zu identifizieren und möglichst frühzeitig zu unterbrechen. Je nach Infektionsgeschehen und regionaler Gegebenheit werden Schulen auch umfassend oder vollständig getestet und, wenn nötig, kurzfristig vorübergehend geschlossen, um das Infektionsgeschehen gesichert abklären und eindämmen zu können.

    (Quelle: Stadt Essen)

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