23.693 Unterschriften für besseres Radfahren

Riesenerfolg für Essener Bürger:inneninitiative

02.09.2020 - von Gudrun Heyder

Foto (Julius Gnoth): Oberbürgermeister Thomas Kufen und Umweltdezerntentin Simone Raskob (links) nehmen die Unterschriften entgegen. Foto (Julius Gnoth): Oberbürgermeister Thomas Kufen und Umweltdezerntentin Simone Raskob (links) nehmen die Unterschriften entgegen.

„Ja, mir san mit’m Radl da“ können die Essener:innen zukünftig fröhlich schmettern. Der populäre Schlager stammt laut Wikipedia wohl von 1971 und aus Krems an der Donau, ist aber knapp 50 Jahre später in der zehntgrößten Stadt Deutschlands höchst aktuell. Die Initiative für den  RadEntscheid Essen hat einen gewichtigen Meilenstein geschafft: Statt der erhofften 15.000 Unterschriften für ihr Bürgerbegehren konnte sie der Stadtverwaltung Essen Ende August mehr als 23.6000 Signaturen übereichen.  

Mit großer Mehrheit hat sich der Rat der Stadt anschließend für den Beitritt zum Radentscheid Essen ausgesprochen. Er schließt sich damit den Zielen des Bürgerbegehrens an, das vor einem halben Jahr gestartet wurde. (siehe: https://www.hyyp.de/artikel/essen-soll-fahrradfreundlicher-werden)  Innerhalb der nächsten neun Jahre sollen zahlreiche Maßnahmen umgesetzt werden, die der RadEntscheid beinhaltet, wie etwa deutlich mehr und breitere Radwege. Die zentrale Forderung: Der Rad- und auch der Fußverkehr in Essen müssen sicherer und attraktiver werden. 

Info

www.radentscheid-essen.de

Das Ziel: Freie Fahrt für Fahrräder

Foto (Julius Gnoth): Auch viele Essener Kinder beteiligten sich an der Aktion. Foto (Julius Gnoth): Auch viele Essener Kinder beteiligten sich an der Aktion.

Noch klingt es wie ein Traum für Fahrradfans: Das Radwegenetz in Essen soll ohne Unterbrechungen überall freie Fahrt ermöglichen. Nach dem Prinzip: PKWs behindern keine Radfahrer:innen mehr und diese keine Fußgänger:innen, denn die Spuren sollen säuberlich getrennt sein. Oftmals läuft der eng gedrängte Großstadt-Verkehr bisher nach dem Verdrängungsprinzip. Radler:innen weichen auf den Gehweg aus, vor allem, wenn sie mit noch unsicher fahrenden Kindern unterwegs sind. Damit soll Schluss sein. 

Andere Forderungen wie der Stopp des Ausbaus von Rechtsabbiegeranlagen sowie sicheres Radfahren in jedem Alter und mit jeder Fitness sind weitere Ziele. Die Initiative pocht darauf, die Stadt Essen habe 2019 beschlossen, dass zukünftig je 25 Prozent der Wege per Auto, ÖPNV, Rad und zu Fuß zurückgelegt werden sollen. 

Ran an die Planung: Maßnahmenkatalog bis zum 1. Quartal 2021

Foto: Copyright „© RadEntscheid Essen“: Klara van Eickels. Foto: Copyright „© RadEntscheid Essen“: Klara van Eickels.

Die Kosten werden nach vorläufiger Schätzung der Stadt Essen etwa 232 Millionen Euro betragen. Damit sollen unter anderem das Radwegenetz ausgebaut und Kreuzungen sicher gestaltet werden. Bereits im ersten Quartal 2021 soll die Verwaltung einen Maßnahmenkatalog erarbeiten. Dafür sind im Bürger:innenbegehren 19 neue Stellen vorgesehen. 

In diesem Tempo soll das Projekt voranschreiten: Ab 2022 sind jährlich zehn Kilometer Radweg gemäß den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) zu geplant sowie pro Jahr drei Kreuzungen mit der Priorität auf Sicherheit, außerdem sollen acht Kilometer Radwege oder Radfahrstreifen gemäß der Regelbreiten von drei Metern (Radschnellverbindungen), 2,5 Metern (Radhauptverbindungen) und zwei Metern (Basisnetz) angelegt werden. 

hyyp hat Klara van Eickels, eine der Sprecher:innen, zu den Fortschritten befragt:

Wie fühlen sich die Erfolge nach einem Jahr „Maloche“ an?

Wir sind sehr erleichtert und freuen uns riesig über diesen Erfolg. Erst die große Zustimmung der Bevölkerung und dann seitens des Stadtrates bestärken uns darin, dass Essen dringend eine bessere Fahrradinfrastruktur braucht. Trotzdem sind wir nicht am Ziel, bis unsere Forderungen auch tatsächlich in die Tat umgesetzt werden. Daher heißt es für uns jetzt dranbleiben und in den nächsten Jahren wachsam die Arbeit des Stadtrates und der Stadtverwaltung beobachten.

Haben Sie mit (bisher) 23.700 Unterschriften gerechnet? Das Ziel waren 15.000 Stimmen.

Durch Corona war es umso schwieriger, Prognosen zu treffen. Wichtig war uns, das Quroum der 13.800 Unterschriften zu knacken. Dass das trotz deutlich erschwerter Bedingungen in nur sieben Wochen geklappt hat, ist großartig. Das wir dann noch mal 10.000 Unterschriften draufgelegt haben, zeigt sehr deutlich: Unglaublich viele Menschen in Essen wünschen sich dringend bessere Bedingungen zum Radfahren hier in Essen. Dieses wichtige Signal haben wir an den Oberbürgermeister und die Stadt Essen weitergegeben.

Was steht nun als nächster wichtiger oder großer Schritt an?

Zunächst steht Mitte September die Kommunalwahl an, bis dahin sammeln wir noch Unterschriften, um auch dem neuen Stadtrat zu signalisieren: Wir sind weiter hier. 
Nach dem Ende der Sammelphase werden wir uns intern neu organisieren, um weiterhin als RadEntscheid präsent zu sein. Wir haben zum Beispiel viele weitere Aktionen geplant, um in der Stadt Aufmerksamkeit für Radverkehr zu schaffen. Aber auch politisch werden wir dranbleiben und mit den neuen Fraktionen Gespräche führen. 

Stichwort Mitmachen: Was braucht die Initiative derzeit am meisten an Unterstützung von Bürger:innen?

Noch bis zur Kommunalwahl kann für den RadEntscheid unterschrieben werden, verbreiten Sie die Unterschriftenliste über Ihre Verteiler, auf der Arbeit, beim Sport, bei den Nachbarn, in der Großfamilie...Weiterhin brauchen wir viele Hände und kreative Köpfe, um bunte Aktionen rund ums Rad in der Stadt zu organisieren. Wir treffen uns jeden ersten Donnerstag im Monat um 19:30, aktuell virtuell, und neue Gesichter sind immer herzlich willkommen! 

Weitere Infos auf unserer Website www.radentscheid-essen.de, auf unseren Social Media Kanälen (Facebook, twitter, Instagram) oder per Mail an info@radentscheid-essen.de

App „Bike Citizens" bietet kostenlose Tracking- und Navigationsfunktion

Foto: Patrick Opierzynski, Stadt Essen Foto: Patrick Opierzynski, Stadt Essen

Bereits seit Mai können sich Radfahrer:innen in Essen mit der kostenlosen Fahrrad-App „Bike Citizens" sicher und komfortabel ans Ziel navigieren lassen. „Neue Alltagsrouten und Freizeitwege können so bequem erfahren und die Stadt neu entdeckt werden“, preist die Stadt Essen die App an. Die Nutzer:innen können ihre zurückgelegten Wege aufzeichnen (tracken). In der Beschreibung der Stadt wird erklärt: „Die Funktion Smart-Tracking (Beta-Phase) erkennt sogar automatisch, ob gerade Fahrrad gefahren wird und zeichnet die Fahrt auf Wunsch auf. So kann eine persönliche Heat Map erzeugt werden, die auf einer Karte zeigt, welche Wege oft, selten oder gar nicht gefahren werden.“ Die „Bike Citizens" App steht im Google PlayStore und im Apple AppStore kostenlos zum Download bereit.

Smarte App hilft der Stadt bei Radverkehrsplanung

Alle trackenden Radler:innen helfen der Stadt Essen, den Radverkehr im Stadtgebiet besser zu verstehen und Schwachstellen zu identifizieren, heißt es in der Pressemitteilung der Stadt. Beispiele: „Wie wird die kürzlich eröffnete Fahrradstraßenachse A vom Südviertel nach Frohnhausen angenommen? Welche Straßen werden gemieden? Wo fahren viele Fahrradfahrer:innen trotz defizitärer Radinfrastruktur?“ Mitwirkende können ihre Daten anonym übertragen. Diese Informationen will die Stadt einbeziehen, wenn sie das Radwegenetz verbessert, Lücken schließt und vielbefahrene Strecken perspektivisch ausbaut. 

Bike Citizens App lässt sich beim STADTRADELN einsetzen

Foto (Julius Gnoth) Foto (Julius Gnoth)

Die App eignet sich auch für das Aufzeichnen und Messen der Routen, die Radler:innen während der Aktion STADTRADELN vom 5. bis 25. September zurücklegen. Die zurückgelegten Radkilometer in Essen würden so im Aktionszeitraum sogar doppelt helfen, frohlockt die Stadt. 

Mit Familie oder Firma: gemeinsam Fahrradkilometer sammeln

Wegen der Corona-Pandemie wurde die Radfahr-Aktion in den Frühherbst verschoben. Am Samstag, 5.September, fällt nun der Startschuss. zum STADTRADELN in Essen. Alle Bürger:innen sind bis zum 25. September dazu aufgerufen, mitzuradeln und Fahrradkilometer zu sammeln. Eine öffentliche Eröffnungsveranstaltung entfällt. Unter der Regie des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) soll jedoch am 5. September eine Eröffnungstour um 15 Uhr am Kopstadtplatz starten. 

2019 fuhren gemäß Information der Stadt 1.908 Essener:innen im Rahmen der Aktion 559.104 Kilometer. Ob Familie, Nachbarschaft, Verein oder die Firma - mitmachen können alle, die in Essen wohnen, arbeiten, studieren oder zur Schule gehen. Die gefahrenen Radkilometer werden online gesammelt und in verschiedenen Kategorien mit den mitradelnden Kommunen in ganz Deutschland verglichen. Den eifrigsten Städten stehen neben Auszeichnungen auch Preise rund um das Thema Fahrrad in Aussicht. Also rauf auf die Räder! Damit Essen vorne liegt: nicht nur mit dem RadEntscheid, sondern auch bei der Beteiligung am STADTRADELN. 

Mitmachen:

  • Bis zur Kommunalwahl können Essenr:innen ab 16 Jahre noch für den RadEntscheid unterschreiben. An 233 Sammelstellen im gesamten Stadtgebiet kann man die Unterschriften zu den entsprechenden Öffnungszeiten abgeben. Informationen stehen auf der Webseite radentscheid-essen.de, ebenso zum  Newsletter-Abo.

    Auf Facebook (@RadEntscheid.Essen), Instagram (@radEntscheid_E) und Twitter (@radEntscheid_E) kann man Inhalte liken und teilen. 

    Treffen: Die Gesamtgruppe trifft sich VIRTUELL an jedem ersten Donnerstag im Monat, Interessierte sind herzlich eingeladen. 

    Wer eigene Ideen einbringen will, wendet sich an info@radentscheid-essen.de. RadEntscheid hat AGs zu den Themen Bündnis-Netzwerk, Kampagne und Finanzen gegründet.  

    Spenden sind willkommen – z.B. für Rechtsberatung und Werbung. Infos dazu siehe auf der Webseite radentscheid-essen.de. 

    Ansprechpartnerin „Bike Citizens App“

    Wencke Malburg, Stabsstelle "Grüne Hauptstadt Agentur" im Geschäftsbereich Umwelt, Verkehr und Sport der Stadt Essen
    Telefon: 0201 88-82351, E-Mail: wencke.malburg@gha.essen.de

    Informationen rund um das STADTRADELN und zur Registrierung unter www.stadtradeln.de/essen.

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