Grundschulkinder und ehrenamtliches Engagement – das scheint nicht zueinander zu passen. Kinder wollen spielen! „Stimmt“, sagt Projektleiterin Angie Landes, „und deshalb führen wir sie spielerisch an das Thema heran.“ Engagement kann zum Beispiel heißen, gemeinsam mit Kita-Kindern Kräuterquark zuzubereiten und danach Kräuter zu pflanzen. Oder mit Senioren eine Spielenachmittag zu verleben. Oder, in der Corona-Zeit, zuhause Grüße für alte Menschen im Heim zu basteln, welche die „Großen“ ihnen dann überbringen.
Engagement schon in der Grundschule lernen und fürs Leben profitieren
26.05.2020 - von Gudrun Heyder
Projekt ist im Rennen um den Engagementpreis NRW 2020
Seit 2015 läuft das Projekt „Engagement lernen“ der Ehrenamt Agentur Essen e.V. Ziel des Vereins ist es, Menschen zusammenzubringen, Potenziale zu wecken und innovative Engagementprojekte zu initiieren. Das Team von „Engagement lernen“ und die damit verbundenen MitMach-AGs erhielten die Urkunde als „Engagement des Monats März“ von der Staatskanzlei NRW und der Nordrhein-Westfalen-Stiftung. Das Projekt ist somit auch im Rennen um den Engagementpreis NRW 2020. Der Preis steht 2020 unter dem Motto „Jung und engagiert in NRW“. Die Landesregierung und die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege loben ihn aus. Von den 132 Bewerbungen werden zwölf nominierte Projekte als Engagement des Monats auf dem Portal www.engagiert-in-nrw.de vorgestellt.
MitMach-AGs laufen im Rahmen des Offenen Ganztags
Angie Landers und Mitarbeiterin Sara Mulatu erklären, wie das Projekt funktioniert: „Wir bieten die MitMach-AGs im Rahmen des Offenen Ganztags an. Die Gruppen umfassen zehn bis 15 Kinder, die selbst entscheiden können, womit sie sich beschäftigen wollen. An das Thema Engagement führen wir sie über den Begriff des Helfens heran, denn Helfen ist für sie ein großer Punkt.“ Der Mama, Oma oder Nachbarin zu helfen – ist das ein Ehrenamt, ein Job oder was sonst? Angie Landers führt aus: „Wir verwenden viele Materialien wie Bilder, Puzzles und Spiele. Und wir gehen mit den Schülerinnen und Schülern in ihren Stadtteil und fragen sie, welche Einrichtungen sie dort kennen, etwa ihre frühere Kita oder ein Altersheim.“ Auf ihre Zielgruppen werden die Kleinen gut vorbereitet. „Sie können etwa mit Altersbrillen, Handschuhen und Gehörschutz an sich selbst erfahren, wie es sich anfühlt, wenn im Alter die Sinne nachlassen.“
Gesellschaftliches Engagement auf kindgerechte Weise erfahren
Jede AG läuft ein halbes Jahr lang, in dem die Kinder etwa drei, vier Einsätze in einer Einrichtung haben. Zum Abschluss erhalten sie sichtbare Anerkennung in Form von Urkunden, vielleicht auch eine Ausstellungseröffnung. Die Sechs- bis Zehnjährigen lernen gesellschaftliches Engagement auf kindgerechte Weise kennen und behalten es oftmals nach Projektende bei. „In der Schule am Steeler Tor haben wir Weihnachten Plätzchen für Obdachlose gebacken. Zu Ostern wollten die Kinder ihnen dann wieder etwas schenken“, freut sich Sara Mulatu.
Grundgedanke des Mitmachprojekts ist „Service Learning“
Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass früh erworbene soziale Fähigkeiten das weitere Leben prägen, erklärt Angie Landes. „Kinder, die in den AGs mitmachen, verhalten sich im Klassenverbund anders. Sie erfahren Selbstwirksamkeit und entwickeln Resilienz.“ Anders gesagt: Wer anderen Menschen hilft oder ihnen etwas beibringt und dabei gemeinsam Freude erlebt, spürt, dass er etwas Positives bewirken kann – ein schönes Gefühl, das dazu motiviert, sich auch weiterhin für Andere einzusetzen.
Der Grundgedanke des Mitmachprojekts sei „Service Learning“, ein vor 40 Jahren in den USA entwickelter Ansatz, so die Essener Expertinnen. Diese Unterrichtsmethode verbindet fachliches Lernen mit bürgerschaftlichem Engagement. Das nützt dem Gemeinwohl, fördert soziale Kompetenzen und die Persönlichkeitsentwicklung.
Vor allem sozial und ökonomisch benachteiligte Kinder einbeziehen
Seit 2015 haben bereits rund 400 Kinder an Schulen im Essener Norden von diesem Angebot profitiert. „Die Schulen im Süden haben eher eigene Kapazitäten für solche Projekte“, meint Angie Landers. Die Ehrenamt Agentur Essen will vor allem sozial und ökonomisch benachteiligte Kinder für das Ehrenamt begeistern. „Die Rückmeldungen der Schulen sind super positiv.“
Digitale Formate entwickeln während der Corona-Krise
Während der Corona-Krise haben die Projektleiterinnen digitale Formate entwickelt, um den Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern zu halten und das Projekt fortsetzen zu können. Es gibt inzwischen Hörspiele und Gesang im Internet. Und „Engagementpäckchen“: Da viele Kinder im Essener Norden kaum Bastelzeug zuhause haben, bekamen sie dieses per Post geschickt. Dann bastelten sie, sendeten ihre Werke in Rückumschlägen zurück und die Ehrenamt Agentur brachte die Basteleien in Körben in Seniorenheime. Da kam Freude auf!
Lotsen jeden Alters helfen in den AGs mit
Freiwillige Lotsen unterstützen die Hauptamtlichen in den AGs. „Mitmachen kann, wer nachmittags Zeit hat, zum Beispiel Senioren oder Studierende. Unser jüngster Lotse ist 14, die älteste über 70.“ Die Eignung zur Arbeit mit Kindern wird bei den Interessenten geprüft, und sie müssen ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.
Im gemeinsamen Spiel zu lernen, sich für andere einzusetzen – das Konzept überzeugt. Die Kinder haben dabei viel Spaß. Bei den Einsätzen dürfen sie zeigen, was sie schon alles können. Und sie lernen, offen auf Menschen anderer Generationen zuzugehen. Das ist besonders wichtig für Kinder, die keine Großeltern in der Nähe haben. Also, wem das einleuchtet und wer Zeit hat, darf sich gerne als Lotsin oder Lotse melden! Auf zu leckerem Kräuterquark, Bastelkunstwerken oder dem neuen Projekt „Wir retten die Bienen“.
Mitmachen
Die Ehrenamt Agentur organisiert: Beratung von Lehrkräften zum Thema „Service Learning“, Aufbau von Engagement-AGs an Schulen, Aufbau von Stadtteilnetzwerken zwischen Schulen und gemeinnützigen Organisationen
Das Team freut sich über: interessierte Schulen, die Lernen und freiwilliges Engagement sinnvoll verbinden wollen, gemeinnützige Organisationen und engagierte Lotsen für Kinder und Jugendliche im Ehrenamt.
INFO: Ehrenamt Agentur Essen
2003 entstand die Idee, in Essen eine Freiwilligenagentur zu gründen. 2005 startete die Ehrenamt Agentur Essen e. V. offiziell. Seitdem führt Janina Krüger die Geschäfte des gemeinnützigen Vereins. Sein Motto: „Dort, wo sich viele Menschen engagieren, funktioniert die Gemeinschaft besser und die Lebensqualität steigt. Die Ehrenamt Agentur Essen sorgt dafür, dass Hilfe gezielt dorthin gebracht wird, wo sie gebraucht wird.“
Beratung zum Wunschehrenamt für Interessierte
https://www.ehrenamtessen.de/fuer-zeitschenker/
Spenden
https://www.ehrenamtessen.de/altruja/?neues-spendenformular-312/spende
Kontakt
Ehrenamt Agentur Essen e.V.
Dorotheenstr. 3
45130 Essen
Fon: 0201 / 839 149-0
Fax: 0201 / 839 149-90
info@ehrenamtessen.de
Bilderquelle: Ehrenamt Agentur Essen e. V.
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